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Open Office-Interview: “Microsoft sehen wir als Herausforderung”

Frank Martin Lauterwein

Frank Martin Lauterwein

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Die freie Bürosoftware OpenOffice.org (Windows / Mac) ist immer häufiger auf Computern von  Privatanwendern sowie kleinen und mittleren Unternehmen zu finden. Nach eigenen Angaben hat das kostenlose Softwarepaket in Deutschland einen Marktanteil von 20 Prozent. OnSoftware sprach mit dem International Marketing Project Lead Florian Effenberger über Open Office, Open Source und Microsoft.

OnSoftware: Welchen Marktanteil hat OpenOffice?

Effenberger: Vor knapp vier Wochen haben wir neue, zum ersten mal einigermaßen belegbare Zahlen bekommen. Nach einer Webmasterpro-Studie, die im System installierte Schriftarten im Browser abgefragt hat, hat Open Office in Deutschland über 20 Prozent Marktanteil. Ich gehe davon aus, dass die Dunkelziffer noch deutlich höher ist. Schließlich bringen die Betriebssysteme Ubuntu oder OpenSuse OpenOffice gleich mit auf den Rechner.

OnSoftware: Microsoft hat die Preise für das eigene Office-Paket deutlich gesenkt. Glauben Sie, dass der Erfolg von OpenOffice damit in Verbindung steht?

Effenberger: Ich denke, wir sind nicht ganz unschuldig daran. Wir sehen es als Herausforderung an. Uns geht es ja auch nicht nur um die Kostenfreiheit. Da steckt viel mehr dahinter. Microsoft mag zwar den Preis nach unten drücken, aber die ganzen offenen Gedanken und offenen Standards, die findet man eben bei uns und nicht bei denen. Das kann man eigentlich gar nicht oft genug betonen.

OnSoftware: Microsoft gibt seit Wochen Einblicke in das neue Office 2010. Die neue Version hat nochmals deutlich mehr Optionen an Bord und richtet sich stark an Geschäftskunden. Wie sieht der Weg von OpenOffice aus? Planen auch Sie zusätzliche Funktionen?

Effenberger: Für uns ist der Anwender wichtig. Wir werden in etwa einem halben Jahr planmäßig die Version 3.3 veröffentlichen. Das ist unser ganz normaler Zyklus. Alle drei Monate kommt bei uns ein Bugfix, alle halbe Jahre ein Minor Release mit neuen Features. Wirklich komplett neue Module sind nicht geplant. Vielmehr werden wir bereits vorhandene Elemente verbessern. Auch die ersten Einflüsse des Nutzer-Interfaces Projekt Renaissance wird man in Kürze sehen, aber sicherlich nicht so krass wie es von manchen Medien bereits angekündigt wurde. Ob und wann mit einer größeren Umgestaltung der Programmoberfläche zu rechnen ist, steht noch nicht fest.

OnSoftware: Ambitionierte Microsoft-Vorhaben wie beispielsweise SharePoint lassen OpenOffice kalt?

Effenberger:  SharePoint bietet das gleichzeitige Arbeiten mehrerer Personen an einem Dokument. Bei einer Tabellenkalkulation kann ich mir das durchaus noch vorstellen, da kann ich anderen etwas zeigen, etwa wenn die Zellen gesperrt sind. Aber bei einem Text stelle ich mir das wesentlich schwieriger vor. Wenn da jeder einen Absatz reinhaut… ich weiß nicht. Hinzu kommt: Ich brauche dann das Office-Paket, ich brauche den SharePoint-Server, ich brauche einen  Windows-Server, und dann vielleicht noch einen Exchange-Server und zu allem dazu die Lizenzen. Für jedes weitere Feature kommt wieder eine kostenpflichtige Anwendung hinzu. Das ist dieser Rattenschwanz, diese Kette, die ausgelöst wird. Das ist bei uns eben nicht so. Wenn man dann in der Praxis schaut, wie viele Funktionen nutzt der normale Anwender denn?

OnSoftware: Planen Sie eine abgespeckte Version, eine Art OpenOffice Lite zu veröffentlichen, oder dass man bei der Installation noch mehr Auswahlmöglichkeiten hat, was letztendlich auf dem Rechner landen soll?

Effenberger: Also wir selbst planen das nicht. Ob das viel Sinn machen würde, ist eine berechtigte Frage. Für uns ist es wichtiger, das Vorhandene zu optimieren, den Weg zum Ergebnis zu verkürzen. Schließlich müssten die Anwender bei einer geänderten Nutzerführung erneut umdenken. Da OpenOffice ja aber Open Source ist, kann da theoretisch jeder selbst Hand anlegen. Was es bereits gibt ist eine spezielle Version für den Bereich Bildung, die ein engagiertes Mitglied geschrieben hat. Es nennt sich OOO for Kids. Dieses Paket wurde so konfiguriert, dass wirklich nur die wesentlichen Funktionen installiert werden.

OnSoftware: Wenn man heute einen neuen Computer kauft, sind dort normalerweise jede Menge Testversionen vorinstalliert. Meist ist Microsoft Office mit dabei, OpenOffice eher seltener. Arbeiten Sie daran?

Effenberger: Da tut sich recht viel. Einer der neuesten eEPCs hat beispielsweise ein StarOffice dabei. Einige Hersteller in Ländern wie Griechenland oder für den englischen Markt packen bei ihren neuen Modellen OpenOffice mit auf den Rechner. Andere Hardwarevertriebe installieren sowohl Open Office als auch eine Testversion von Microsoft Office auf dem Computer. Das beißt sich ja nicht.

OnSoftware: Wir haben den Eindruck, dass immer mehr Anwender kostenlose Software den illegal gecrackten Programmen vorziehen. Wie sehen Sie das?

Effenberger: Abgesehen von Ländern wie beispielsweise China, wo der Schwarzmarkt recht ausgeprägt ist, stimmt das  auf jeden Fall. Immer mehr Normalanwender, aber auch kleine und mittelständische Unternehmen greifen immer häufiger zu freier Software. Es ist ja auch so: Selbst wenn ich alles legal kaufe, diese ganze Gängelei mit Aktivierung, Validierung  – das nervt den Benutzer. Soweit ich weiß wird es bei Microsoft Office 2010 einen Key-Server geben und keine Volumenlizenzen mehr, das ist ein riesiger Aufwand. Das muss man sich mal vorstellen, was es kostet, diese Lizenzen zu verwalten. Bei OpenOffice fallen nicht nur die Lizenzkosten weg, sondern eben auch das Lizenzmanagement. Und unlängst vorgekommene Fälle, dass definitiv gültige Lizenzen für ungültig erklärt wurden, gibt es mit freier Software eben auch nicht.

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